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Führen ohne Führerschein

Führen ohne Führerschein

„Führen ohne Führerschein" ist bei uns ganz normal. In diesen zwischenmenschlichen Belangen wird angenommen, dass das einfach so klappt - ohne sinnhafte Erklärung, strukturierte praktische Einweisung und wirksame Übungen. "Da wachsen Sie schon rein", hören junge Führungskräfte oft. Aber ist das wirklich so?

Ein Beispiel: In der Partnerschaft fällt vielen Kritik am anderen leicht. Sie kommt prompt und direkt, manchmal ohne Rücksicht auf Verluste. „Du lässt immer Deine Sachen rumliegen", „Schon wieder bist Du gleich eingeschnappt", „Über jede Kleinigkeit musst Du diskutieren" etc. Das aktive Ansprechen von störenden Dingen, also das tatsächliche Tun, klappt oft reibungslos. Die förderliche Art des Ansprechens, das „Wie", bleibt häufig noch verbesserungswürdig. ;-)

In der Arbeitswelt und bereits im weiteren Familien-/Bekanntenkreis sind wir bedachter. Schon der Punkt des Ansprechens gelingt seltener. Vieles schlucken wir herunter, klagen und zetern nur im Hintergrund. Offener Dialog über Dinge, die uns missfallen oder gar richtige Auseinandersetzungen sind seltener.

Doch wieviel Produktivität geht verloren, weil Mitarbeiter sich hintenherum über den Chef beklagen, statt mit ihm zu sprechen. Wieviel Menschen liegen miteinander im Zwist, weil eine offene Aussprache nicht stattgefunden hat und jeder nur seine Sicht des Vergehens des Anderen kultiviert?

In unserer Gesellschaft gibt es zahlreiche Regelungen zum Wohle des Menschen, große und kleine Dinge betreffend. Keiner darf z.B. ein ziemlich langsames Mofa ohne Führerschein fahren, niemandem ist es erlaubt offiziell Essen verkaufen ohne Belehrung des Gesundheitsamtes, zum Klettern im Kletterpark braucht es Einweisung und Unterschrift etc. Doch wie man in einer sozialen Situation wertschätzend Kritik äußert, wie man sich im Team arrangiert, wie man einvernehmlich Konflikte löst, dafür existiert keine "allgemeingültige Regelung", das bleibt jedem selbst überlassen.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte keinen Führerschein für jeden Menschen, um sich in der Gesellschaft zu bewegen. Doch wenn es nach mir ginge, wären die obigen Themen schon im Schulalltag und in der Lehrerausbildung bewusster integriert. Je früher, desto besser. Wie bei vielen anderen Dingen auch, lernen wir hier vor allem durch praktisches TUN. Und nur Übung macht ein spezifisches Verhalten zum normalen Muster, das wir ohne großes Nachdenken anwenden können.

Als (gestandener) Manager ein Führungsseminar zu besuchen ist hilfreich, aber manchmal nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Warum? Weil eingefahrene Verhaltensmuster viel leichter zu leben sind als neue Ungewohnte. „Wie schaffen wir es das Gelernte nicht versanden zu lassen, es war uns doch so wichtig?" wurde ich letzte Woche beim Nachgespräch zu einem Führungskräfte-Programm gefragt.

Meine Tipps dazu sind:

  • Akzeptieren Sie Führung als wesentlichen Teil Ihres Tagesgeschäfts. Und lösen Sie sich damit von der Denke „das kommt on top dazu und die Zeit habe ich eigentlich nicht".
  • Verstehen Sie Führung als etwas das, genau wie Ihr Ausbildungsberuf, gelernt sein will, wo sich Wissen weiter entwickelt und der Auffrischung bedarf.
  • Beginnen Sie im Alltag mit kleinen Schritten. Klein, aber kontinuierlich. So schafft man echte Berge und auch den Berg an Führungsthemen. Fangen Sie mit einer Thematik an, die sie anspricht und üben, üben, üben Sie (z.B. kluges Feedback geben).
  • Reservieren Sie sich Zeit zur Reflexion in Ihrem Kalender. So wie erfolgreiche Sportler ihre Einsätze analysieren, braucht eine Führungskraft Zeit zum Nachdenken. Wie werde ich in meiner Führungsarbeit wahrgenommen? Was läuft gut, worauf will ich noch achten? Was könnte mein nächster kleiner und zugleich kraftvoller Schritt sein?

Diese Tipps bringen zwar kein "Zertifikat". Aber sie bilden eine gute Basis, um am so wichtigen Thema Führung dran zu bleiben und immer sicherer zu werden.

Spaß an der Übung, Muße zum Reflektieren und kleine, bedeutsame Entdeckungen wünscht Ihnen,

Ihre Susanne Kaßner

Ihre Gedanken und Anmerkungen interessieren mich.
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